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Pampers gibt Erziehungstipps – rechtswidrig und grausam

lonely-604086_1280„Kinder im Stress brauchen kein Time-Out, sie brauchen allenfalls ein Time-In – einen Rückzug aus einer für sie belastenden Situation MIT einer Bezugsperson, die ihnen hilft, ihre starken Gefühle zu regulieren, die für sie da ist und ihnen Sicherheit gibt.“

Pampers gibt Erziehungstipps – aus Artgerecht-Perspektive ist dazu zu sagen: Was da empfohlen wird ist nicht nur grausam, es ist schlicht rechtswidrig und gesundheitsschädlich.

Pampers empfiehlt „leicht Form der Isolation“ als Erziehungmethode

Die Website ist schon aus dem Netz genommen, aber hier ist sie – hoffentlich noch immer im Cache „Kinder richtig bestrafen: Auszeiten“ und ansonsten ist hier ein PDF: Pampers über Auszeiten.

Aida S. de Rodriguez hat auf Elternmorphose bereits einen Artikel zur Grausamkeit dieser Empfehlungen veröffentlicht.
Herbert Renz Polster hat auf dem Kinder-verstehen-Blog ebenfalls Stellung bezogen: „Pampers erzieht jetzt mit“.

Der Artikel empfiehlt „Auszeit“ als Erziehungsmethode und beschreibt sie so: „Während der Auszeit findet keinerlei Kommunikation zwischen dem Elternteil bzw. der Aufsichtsperson und dem Kindstatt. Die Auszeit ist als eine abgeschwächte Form von Isolation zu verstehen.“

Pampers‘ Isolation von Kindern ist grausam – und gesetzwidrig

Kinder zu isolieren ist nicht nur grausam, menschenverachtend und keinen Kind zumutbar – es ist auch meiner Auffassung nach schlicht rechtswidrig: Im §1631 BGB „Inhalt und Grenzen der Personensorge“ steht klar und deutlich:
„(2) Kinder haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig.“

Soziale Ausgrenzung ist für das Gehirn wie eine körperliche Bestrafung: Sie tut weh. Neurophysiologisch gesprochen: Sie aktiviert die gleichen Gehirnregionen. Im Spiegel-Artikel „Ausgrenzung tut weh“ nachzulesen. Warum reagiert unser System so „panisch“? Weil soziale Ausgrenzung als existenzielle Bedrohung wahrgenommen wird – besonders bei Kindern hinterlässt sie massive Schäden (hier ein ZEIT-Artikel dazu). Natürlich geht es in den Studien dazu um „lange“ Isolation und nicht „ab und zu eine kleine Auszeit“. Aber mal ehrlich: Ich schlage mein Kind auch nicht „ab und zu“, nur weil es dazu keine Studien gibt, was das anrichtet, sondern nur Studien zu dauerhafter Misshandlung.

Soziale Ausgrenzung hilft nicht gegen Aggression – sie führt zu Aggression

Außerdem führt soziale Isolation oder Ausgrenzung ihrerseits zu – genau: Aggression. Ein interessantes – wenn auch für mich nicht uneingeschränkt zu übernehmendes – Buch zum Thema: „Schmerzgrenze – Vom Ursprung alltäglicher und globaler Gewalt“, in dem Autor Joachim Bauer die These aufstellt, dass aggressives Verhalten immer eine Reaktion auf gefühlte Benachteiligung und Ausgrenzung ist.

Kinder brauchen Time-In -nicht Time-Out!

Karl Heinz Brisch hat auf einer Konferenz der WAIMH in Leipzig gesagt: „Die Kinder brauchen kein Time-Out, sie brauchen ein Time-In – einen Rückzug aus der Situation MIT einer Bezugsperson, die ihnen hilft, ihre starken Gefühle zu regulieren, die für sie da ist und ihnen Sicherheit gibt.“

Dem ist nichts hinzuzufügen.

 

 

Krippenbetreuung – artgerecht oder nicht?

Darf ein AP-Verfechter Krippenbetreuung gut finden? Dürfen wir von artgerecht Krippenbetreuung als eine Möglichkeit sehen? Ist frühe Fremdbetreuung Kindesmisshandlung? Lange Jahre nachdem mein Artikel „Attachment-Parenting funktioniert nicht“ erschienen ist und Jahre, in denen viele Menschen sich sehr darüber aufgeregt haben, dass ich AP jede Funktionslogik abspreche, gibt es jetzt die Debatte auf einer neuen Ebene.

Sind wir bei Artgerecht nun für oder gegen Krippenbetreuung?

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Warum Körperkontakt so wichtig ist und wie die Natur uns hilft…

Körpernähe ist für alle kleinen Erdenbürger dieser Welt wichtig, egal ob gestillt oder nicht-gestillt.

Herbert Renz-Polster gibt dazu in seinem neuesten Buch Menschenkinder – Plädoyer für eine artgerechte Erziehung einen kurzen Überblick (S. 23-24) zum großen WARUM:

  • Früher Hautkontakt hilft den Babys bei der Anpassung ihres Stoffwechsels, Atmung, Kreislauf und Körpertemperatur und unterstützt das Stillen nach der Geburt.
  • Frühgeborene wachsen schneller und entwickeln ein stärkeres Immunsystem.
  • Regelmäßig getragene Babys sind ausgeglichener und weinen insgesamt weniger.
  • Entwicklung von Urvertrauen (=Bindungssicherheit).
  • Mütter leiden seltener an Wochenbett-Depressionen.
  • Tragekindermütter gehen schon nach wenigen Monaten sensibler mit ihren Säuglingen um als nicht-tragende.

Körperkontakt hilft Eltern und Kinder sich früh kennenzulernen und „ohne großen Aufwand feinfühlig und niederschwellig miteinander zu kommunizieren“.

Und die Natur hilft nach.

Mit Hormonen wie Oxytocin, Vasopressin und Prolaktin unterstützt uns die Natur bei der Elternliebe und dem (Ur)Vertrauen.

Hier ist ein sehr schönes Video (gefunden in der 3sat-Mediathek): Ursprung der Mutterliebe mit einem Kommentar von Sarah Blaffer Hrdy.
Wie im Video erwähnt, brauchen wir wie Elefanten und Affen die Gemeinschaft um unseren kostspieligen Nachwuchs aufzuziehen. Doch das ist ein neuer Blogeintrag wert… 😉