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Bindung – auch für große Kinder?

Ist Binding irgendwann ein Selbstläufer? Brauchen unsere großen Kinder auch noch Wärme, Nähe und Zuwendung oder haben wir den Job erledigt? Hier erkläre ich, warum auch große Kinder noch in den Arm genommen werden müssen, manchmal sogar auf den Arm, wie Erwachsene es in der Rückschau sehen und worauf wir als Eltern unbedingt achten müssen.

Raus aus der Lieblingkindfalle

Lieblingskinder zu haben ist normal – wir müssen nur klug damit umgehen.

Eltern gehen in der Regeln davon aus, dass es „richtig“ ist, jedes Kind gleich viel zu lieben. Aber hin und wieder haben wir eben doch ein Lieblingskind – eines, das uns besonders ähnlich ist, mit dem wir besonders gut klarkommen, mit dem wir uns besonders gut verstehen. Kinder haben, so schreibt Jesper Juul in „Eltern werden, Paar bleiben“, eine intuitive Bindung zu einem Elternteil, die nichts mit der eigentlichen Bindung an ihre Eltern zu tun hat. Er kann das nicht beweisen, aber auch ich sehe das in meiner Arbeit mit Eltern und Kindern immer wieder. Es gibt sie also schlicht und einfach, die besonderen Verbindungen.

Wie gehen wir damit um?

Das Wichtigste ist, dass wir hinschauen. Wir müssen uns dafür nicht schämen. Wir sind Menschen. Menschen haben Präferenzen. Gleichzeitig können eine Menge Streit in der Familie anzetteln, wenn wir ein Kind den anderen immer vorziehen. Hier daher meine drei Schritte aus der Lieblingskindfalle:

Achtsamkeit: Werden wir uns darüber klar, dass wir unsere Kinder unterschiedlich lieben – unterschiedlich stark oder auch einfach auf unterschiedliche Art und Weise. Wir nehmen es einfach nur wahr. Wir bewerten es nicht. Wir geißeln uns nicht dafür. Es ist einfach so und wir schauen es uns an. 

Akzeptanz: Akzeptieren wir, dass es so ist. In der Regel werden große Kräfte frei, wenn wir uns nicht mehr gegen das, was ist, wehren, sondern es erstmal annehmen. Das heißt nicht, dass wir uns nicht darum kümmern. Aber wir verschwenden keine Energie damit, uns schlecht zu fühlen, zu schämen oder zu ärgern.

Aufmerksamkeit: Jetzt gehts los. Wir machen uns klar, welche guten Eigenschaften die Kinder haben, die nicht unsere Lieblingskinder sind. Alle in der Familie eigentlich! Wir lenken unseren Fokus darauf, dass jeder seinen Platz, seine Aufgabe, seine Talente hat. Denn jeder hat seine Nische und ist in dieser Nische für das System Familie wichtig, so wie er oder sie ist.

Diese innere Arbeit kann uns keiner abnehmen, aber wir entdecken ganz neue Seiten an unseren Kindern – und anderen Familienmitgliedern – wenn wir uns dafür öffnen. Das Gehirn sieht, was es kennt, was es erwartet und was es sehen will – geben wir ihm eine neue Aufgabe! Ihr werdet überrascht sein, was alles passiert – und wie die anderen sich verändern, ohne dass wir etwas gesagt oder bewusst getan haben.

Warum Eltern niemals „Du bist doch unsere Große!“ sagen sollten

Jedes Kind hat seinen Platz auf dieser Welt – aber auch eine facettenreiche Persönlichkeit!

Es kommt uns so schnell von den Lippen: „Ja, die Nina, das ist unsere Ordentliche.“ „Peter ist einfach wild, das war schon immer so.“ „Liam ist ein ganz stiller, das wird sich auch in der Schule nicht ändern.“

Jedes Kind findet in der Familie seine ökologische Nische. Das ist natürlich und okay, wenn schon das große Kind sehr aufbrausend ist, ist das nächste in der Regel stiller – das ist nunmal die Nische, die noch frei ist. Wichtig ist nur, dass wir unseren Kindern immer wieder auch aus ihren Rollen heraus helfen. Denn wir sind alle so viel mehr als immer ordentlich, immer verantwortungsvoll, immer umsichtig, immer wild oder immer still! Die Welt ist groß – sie liegt unseren Kinder zu Füßen – lasst sie die ganze Perspektive sehen.

Wir Eltern sollten also der Versuchung widerstehen, haben einem aufbrausenden Geschwister ein ruhiges in seiner Haltung fest zu zurren: „Der Jan ist schon so wild, jetzt sei du wenigstens kooperativ!“ Denn die Kinder kooperieren und wenn der Kosename „Mein Engel“ zu Etikett wird, kann das Kind ein Leben lang damit zu tun haben, auch mal seine eigene wilde Seite zu finden.

Wie es geht

Wie ermöglichen wir also unseren Kindern, aus ihren Rollen heraus zu kommen?

  • Wir erlauben negative Gefühle bei den ruhigen, braven Kindern: „Du bist sauer, richtig? Ich sehe das.“ und jetzt nicht „Naja, da stehst du doch drüber, jetzt machen wir was Schönes“, sondern „Worüber hast du dich geärgert? Willst du es mir erzählen? Was könnten wir jetzt tun? Willst du es deinem Bruder vielleicht sagen, dass es dich verletzt hat? Ja, hau mal auf das Kissen, schrei es raus, sowas muss an die Luft!“Wir machen immer klar, dass ein Gefühl kein Etikett ist: „Du fühlst Wut, aber du bist kein Wüterich, du fühlst dich gehemmt, aber du bist deswegen noch lange nicht immer schüchtern“
  • Wir schreiben Kindern mit einem eher aufbrausenden Temperament auch mal anderes Verhalten zu, statt „Jetzt reg dich nicht schon wieder so auf!“ versuchen wir es mal mit „Schau, jetzt haben wir uns viel kürzer geärgert als gestern, du hast dich viel schneller wieder beruhigt“ „Hey, das Hauen auf das Kissen hat dir geholfen, sehe ich, schau mal, wie gut du deine Wut heute loslassen konntest!“
  • Wir benennen Veränderungen: „Hey, am ersten Tag im Kindergarten, da warst du so leise und heute am ersten Schultag erlebe ich dich ganz anders!“
  • Wir holen die Kinder aus ihren eigenen Rollen, wenn das Kind sagt: „Ach, ich bin so tollpatschig!“ dann erinnern wir es daran: „Ja, jetzt gerade war das so, aber gestern, weißt du noch, wie achtsam du da den Faden eingefädelt hast? Man hat immer mal solche und solche Tage.“
  • Wir achten auf unsere Sprache, wir sagen nicht „Unsere Ordentliche, Langsame, Laute“, sondern wir sagen: „Heute / jetzt gerade bist du ordentlich, langsam, laut“
  • Wir geben den Kindern Aufgaben jenseits der Etikette, fragen zum Beispiel nicht das ordentliche, sondern das wilde Kind mal, wie es die Gewürze in der Küche sortieren würde

Die Wirkung dieser Worte ist magisch. Sie zeigen den Kindern, dass jeder verschiedene Eigenschaften haben kann, dass ihre Persönlichkeit so viele schillernde, schöne Farben hat und dass alles seinen Platz hat. Diese Worte öffnen die Perspektive für Veränderung – und ich habe selbst schon gesehen, was es besonders mit wilden, temperamentvollen, leicht aufbrausenden Kindern macht, wenn ich sie immer wieder darauf hinweise, wann sie auch ganz ruhig und cool sind und damit diese Seite in ihnen stärke. 

Es geht dabei nicht darum, die Persönlichkeiten der Kinder in eine bestimmte Richtung zu formen. Es geht darum, Kindern das breite Spektrum ihrer  Persönlichkeit zu erhalten. Auch wenn es für uns nicht immer angenehm ist, wenn die sonst so ruhige kleine Schwester auch mal anfängt zu meckern. 

Und wenn wir schon 100x „Du bist doch unsere Große“ gesagt haben? Macht nichts. Wir fangen jeden Tag neu an. Kinder sind unfassbar nachsichtig und lernfähig. Wenn wir anfangen uns zu verändern, gehen sie in der Regel freudig mit!

Mehr in meinem neuen Buch: Nicola Schmidt, Geschwister als Team, Kösel-Verlag.

Geschwister als Team - das andere Geschwisterbuch von Nicola Schmidt
Geschwister als Team – das andere Geschwisterbuch von Nicola Schmidt

artgerecht zur „Elternschule“

Liebe Runde,

unsere aktuelle Position zur Elternschule:

Ich bekommen von euch viele, viele Anfragen, dass wir uns positionieren und auch Presse-Anfragen für Statements, wir sind in Kontakt mit dem AP-Film und mit Fachleuten. Dennoch ist es immer noch so: Wie ihr wisst, bin ich gerade viel unterwegs und komme nicht ins Kino. Dafür kann ich mit vielen Fachleuten sprechen, die den Film auch gesehen haben – davon will ich kurz berichten.

Gerade auf dem Fachtag von Weleda sprach ich nochmal mit meinen Freund und Kollegen Herbert Renz-Polster (und Frauke von Einfach Eltern und Regine Gresens) über seinen Post und den Film gesprochen. Am Ende kamen wir darauf: Es darf nicht darum gehen, nur diese Klinik zu verteufeln. Denn diese Klinik handelt im Grunde nach den Verhaltenstherapeutischen Empfehlungen „S1-Leitlinie 028-012 „Nichtorganische Schlafstörungen“ (danke für den Hinweis, Herbert):

Da steht :
„Verhaltenstherapeutische Verfahren:
o Bei jüngeren Kindern (< 5Jahre): Rhythmisierung des Schlafverhaltens, Extinktion von unerwünschtem
Verhalten wie Herausklettern aus dem Bett, Rufen nach den Eltern, Verlangen der elterlichen Anwesenheit zum Einschlafen, graduelle Extinktion (bei überfürsorglicher Erziehung zur adäquaten Trennungsbewältigung und Autonomieentwicklung sowie bei sehr ängstlichen Eltern)“

https://www.awmf.org/…/028-012l_S1_Nichtorganische_Schlafst…
Vielleicht muss es eher um solche Dinge hier gehen:
– die Leitlinien der Psychosomatik bei Kindern zu ändern (nicht alleine einschlafen ist keine Pathologie)
– die Handlungsempfehlungen an Ärzte zu verändern (total extinction, also alleine schreien lassen bis zum Einschlafen ist keine Option)
– das Bild von Eltern zu verändern (Eltern, die ihre Kinder nicht schreien lassen sind keine inkonsequenten, inkompetenten Eltern, sondern emphatisch!
– das Bild von Grenzen zu verändern (Ja, Kinder brauchen klare Informationen, was geht und was nicht, was die soziale Regel ist und was die Gruppe von ihnen erwartet)
– das Bild von Bindung zu stärken (Therapie-Ansätze, die bindungsorientiert arbeiten, sind zu bevorzugen – wenn sie noch gehen)
– das Bild von Kindern zu verändern (Kinder sind keine kleinen Prinzessinnen oder Tyrannen, sie reagieren auf das, was Erwachsene ihnen anbieten und brauchen unsere Hilfe, keinen Sarkasmus).

Und wir müssen den §1631 BGB endlich konsequent anwenden: Kinder haben ein Recht auf eine psychisch und physisch gewaltfreie Erziehung. Und Eltern brauchen Hilfe, wenn das warum auch immer nicht klappt.
Ich hab den Film noch nicht gesehen.

Was immer darin ist: Lasst uns etwas verändern. Für ein positives Menschenbild, für mehr Hilfen für Eltern – dafür lasst uns gehen. Dafür lasst uns nach vorne schauen.

#letsmakeadifference #babyfürbaby

artgerecht tanzen – Gedanken über die Ursprünge des Tanzes

Ursprünge des Tanzes oder Wann wir Menschen zu tanzen begannen

von www.tanzeit-duesseldorf.de

Von Heidemarie Exner, Tanzlehrerin und I-TP-Tanzpädagogin aus Düsseldorf:

Im folgenden Blog-Artikel geht Heidemarie Exner aus Düsseldorf der Frage nach, warum wir Menschen miteinander tanzen, seit wann und wie kann man sich das vorstellen, d.h. wie haben wir zu Beginn, als wir mit dem Tanzen begonnen, gemeinsam getanzt?

Wie sieht artgerechtes Tanzen aus?

Der Grund meiner Frage war folgender: Während meiner Schwangerschaft laß ich in der Kidsgo-Ausgabe in Düsseldorf eine winzige Anzeige, in der ein besonderes Baby-Buch vorgestellt wurde. Nach den wenigen Zeilen, die dort standen, war mir klar, dass das genau das richtige Babybuch für mich sein würde, denn ich hielt mich aus verschiedenen Gründen noch zurück mit dem Kauf eines solchen. Interessiert schaute ich also bei Amazon nach diesem Buch. Und tatsächlich, es gab dort das „Artgerecht – Babybuch“. Und nachdem ich den Trailer von Nicola gesehen hatte, war mir klar, dass sie in dem Buch eine Sichtweise beschrieb, die ich brennend kennenlernen wollte.

Ein Kurs für artgerechtes Tanzen

Mit dem Buch kamen auch neue Menschen in meine Leben, viele wundervolle Frauen, die auf der gleichen Wellenlänge surften, wie ich es gerne beschreibe. Schließlich saß ich dann letzten Sommer endlich in einem Artgerecht-Treffen, geleitet von der lieben Janica Klee mit ihrer Kollegin Lucia Pichler. Wir erhielten alle so viele Inspirationen und Denkanstöße in Richtung „sich als Mom vernetzten“ und „ursprüngliches Familienleben“. Angefüllt mit vielen Ideen, die ich ausprobieren und umsetzten wollte, lebte ich mich neu in meinen Alltag ein. Mein Babyjahr ging dem Ende zu und ich beschäftigte mich mehr und mehr mit meiner Arbeit, dem Tanzunterrichten. Neben meinen bisherigen Kursen, die ich für Kinder und Erwachsene anbot, spürte ich deutlich, dass ich dringend einen neuen Kurs kreieren wollte, ein Kurs, der ein bedürfnisorientiertes Tanzen, ein „artgerechtes“ bzw. ursprüngliches Tanzen ermöglichen würde, was mir so in der Tanzwelt schlicht weg fehlt.

Tanzen mit Kindern ab drei Jahren

Es ist Dir bis zum 3. Lebensjahr prinzipiell gut möglich mit deinem Kind einen Spiel-, Turn- oder Tanzkurs zu belegen, aber spätestens danach gibt es noch kaum Möglichkeiten, gemeinsam was zu finden. Woran liegt das? Ich glaube zu einen, weil den meisten Eltern die Möglichkeit dazu fehlt, zum anderen, weil Eltern und Kinder in den Freizeitaktivitäten mehr und mehr getrennt werden. D.h. jeder hat seinen „eigenen“ Kurs, jeder hat sein eigenes Hobby, alles trennt sich voneinander. Da das ein Trend unserer modernen Gesellschaft ist, den ich beobachte, ist es mir ein großes Bedürfnis im Tanzen zusammenzubringen, was zusammen gehört, und das sind definitiv Menschen und vor allem Familien.

Ursprung des Tanzens

Der Spur des Ursprungs des Tanzes nachzugehen ist gar nicht so einfach, mittlerweile geht man davon aus, dass der Mensch schon immer getanzt hat, d.h. wir Menschen Bewegungsmenschen sind, die biologisch dazu konzipiert sind und auch sich bewegen müssen um sich optimal entwickeln zu können. Am meisten lese ich, dass davon ausgegangen wird, dass Afrikaner die ersten Tanzenden als solche gewesen sein sollen. Die Entstehung des afrikanischen Tanzes lässt sich nicht so wissenschaftlich nachvollziehen, wie die Entstehungsgeschichten anderer moderner Tänze. Wahrscheinlich gibt es den afrikanischen Tanz, seit es Afrikaner gibt.

Grundsätzlich kann zu dem traditionellen afrikanischem Tanz wohl die Aussage gemacht werden, dass dieser immer in einem sozio-kultischen Kontext steht (der Afrikaner tanzt nicht nur um der Bewegung Willen) und immer mit Musik und anderen künstlerischen Elementen in Verbindung steht. In vielen afrikanischen Sprachen gibt es keinen Ausdruck für unseren westlichen Begriff von Musik. Die Begriffe, die im afrikanischen Sprachgebrauch zu finden sind, bedeuten meistens Tanz und Musik zusammen.

Zudem gibt weniger die „Geschichte des Tanzes“, vielmehr hatte jede Kultur im Laufe der Zeit ihre eigenen Tänze mit eigenen Hintergründen und Kulten. Fest steht jedoch, dass der Tanz als Ausdrucksform des menschlichen Körpers die Menschen in jeder Zeit und Entwicklungsstufe beschäftigt und angeregt hat. Die Tanzgeschichte kann zudem nur rückwärts und oft aus Spekulationen niedergeschrieben werden, da schlichtweg die Zeitzeugen fehlen oder niedergeschriebene Chroniken, in denen die ersten Tanzaktivitäten erwähnt werden. Oft wird dahingehend abgeleitet, was die Menschen trugen oder in ihren Höhlen für Malereien hinterließen.

Tanzen in der Steinzeit

Die Steinzeit, die schon 35.000 Jahre vor Christus begann, zeigt durch diverse Höhlenmalereien, dass die Körpersprache namens Tanz schon damals einen Stellenwert hatte. Abbildungen aus französischen und spanischen Höhlen zeigen oft als Tiere verkleidete Zauberer und Magier, die durch ihre rhythmischen Bewegungen Tiere in ihren Bann ziehen. Dadurch erhoffte man sich großen Jagderfolg, der damals absolut überlebensnotwendig war. Auch Initiationsriten der neolithischen Gesellschaft wurden oft mit Tänzen verknüpft. Tanz war also magisch, kultisch und geheimnisvoll zugleich, ein besonderes, immer im Verborgenen der Höhle aufgeführtes Ereignis.

Der Tanz hatte seine Ursprünge in religiösen Motiven, wurde aber im Laufe der Jahrhunderte aus der Kirche verbannt und entwickelte sich aus dem Volkstanz weiter in Bühnentänze – das klassische Ballett gehört dieser Kategorie an – und in Gesellschaftstänze.

Wie könnte das also ausgesehen haben, dieses ursprüngliche Tanzen?

Was wir in manchen Bildern entdecken können, sind Gruppen von Menschen, die sich wie in einem Reigen fassen oder die geschlechtsspezifische Grüppchen bilden. Manch andere Bilder zeigen Menschen, die scheinbar Tiere nachahmen – das könnte durchaus in einem Tanz geschehen sein. Vor einiger Zeit sind sogar 35-40.000 Jahre alte Knochenflöten gefunden worden, die es erlauben, Töne zu erzeugen. Wie allerdings Musik damals geklungen hat, kann nur pure Spekulation bleiben. Genauso wie die Frage, ob es wirklich so früh bereits Tanz gab und ob dieser mit Musik kombiniert wurde.

Die ersten Quellen

Um es vorweg zu nehmen, die frühesten überhaupt erhaltenen Quellen, die es uns ermöglichen, eine historisch fundierte Choreographie von Tanz als Bewegung zu Musik ernsthaft zu rekonstruieren, stammen erst aus der Mitte des 15ten Jahrhunderts. Dennoch finden sich eine Reihe von Spuren, die uns vom Tanz hinterlassen worden sind, quer durch die Kulturgeschichte der Menschheit. Für die älteste Zeit der Tanzgeschichte existieren zuerst nur Höhlenzeichnungen, Bilder und Plastiken. Später haben wir dann auch Textdokumente und Musiknotationsfragmente, schließlich erst sehr spät im Mittelalter (Mitte 15. Jh.) gibt es auch Notation für rekonstruierbare Musik von Tänzen. All diese Relikte einer vergangen Zeit sind nur mit Vorsicht und einer gewissen Sachkenntnis zu interpretieren. Maringer fasst dazu zusammen: „ Der menschliche Tanz ist ein uraltes Phänomen. Sein Ursprung ist spekulativ erschlossen so alt wie der Mensch. Indirekte Spuren weisen bis in das Altpaläolithikum zurück.“ Dazu gehören Beschwörungstänze zur Vermehrung und Erlegung des Jagdwildes, Sühnetanz nach Erbeutung, Fruchtbarkeitstänze teils mit Maskierung, Kriegstänze, Reihentänze, Maskentänze, Sonnen- und Regentänze bis hin zu profanen Volkstänzen. Später entwickelten sich Einzel- und Paartänze sowie Krieger und Waffentänze.

Tanzen bei „Naturvölkern“

In früheren tanzgeschichtlichen Darstellungen wurden für den Zeitraum auch gerne tanzethnologische Berichte über Völker verwendet, die noch unter steinzeitlichen Bedingungen lebten und romantisierend „Naturvölker“ genannt wurden. Schauen wir hier genauer hin, so erhalten wir einen Einblick, in naturnahe Tanzereignisse, doch auch hier wissen wir nicht, ob und in wie weit genauso am Anfang der Tanzgeschichte getanzt wurde – vermutlich haben sich auch die „Naturvölker“ verändert. Trotzdem ist es spannend zu sehen, wie sich die Menschen zusammenfinden, welche Musik sie nutzen und in welcher Weise sie sich bewegen. Schau ich die Aufzeichnungen an, die mir über YouTube und Co. zur Verfügung stehen, dann fällt mir auf, dass eine Gruppe die Musik macht, und eine andere, Männer oder Frauen, dazu tanzen, stampfen, gehen, hüpfen und springen, alles immer im Rhythmus der Musik.

Wir tanzen – weil es Spaß macht!

In erster Linie tanzen wir, weil’s Spaß macht. Ohne Musik ist eine Feier nur unvollständig und wenn die richtigen Rhythmen gespielt werden, ergibt sich das eine oder andere Tänzchen ganz von selbst.
Heute wie früher kann man Tanzen auch als Kommunikationsmittel einsetzen: in früheren Zeiten war die Aufforderung zum Tanz oft der einzige Weg für einen jungen Mann, relativ unverfänglich in Kontakt mit seiner Angebeteten zu treten (und auch das „Revier abzustecken“, man denke nur an die Ballkarten, die bis vor einigen Jahren noch üblich waren). Maringer beschreibt es treffen so: „ Im menschlichen Sozialleben spielt Tanz eine Rolle, die jegliche Aktivität in Individuum und Gesellschaft berührt. (…) Rhythmik ist untrennbar mit Tanzbewegungen. (…) Die soziale Bedeutung des Tanzes hängt von der instinktiven Anregung und Wirkung auf den Zuschauer ab. Tanz ist ein Übertrager emotioneller Energie. (…) in sozialer Entwicklung sind seine Hauptanwendungen zeremonieller oder dramatischer Natur, die indessen verschiedenen Funktionen des Tanzes einschließen können. In den mimischen Tänzen der einfachen Kulturen sind Verehrung, Drama, Übung, Erregung, Zeitvertreib, Spiel und Kunst eingeschlossen.“

Tanzen mit Kindern – so alt wie der Tanz

Wo waren nun die Kinder, während die Erwachsenen tanzten? In der Höhle, wo vermutlich viel in der Steinzeit getanzt wurde, waren immer alle beisammen und teilten alles miteinander – Mahlzeiten, Schlafzeiten und auch Tanzzeiten, denn das waren die Gemeinschaftszeiten und Ereignisse in der Sippe. Wir können also stark davon ausgehen, dass immer gemeinsam getanzt wurde oder man immer beim Tanzen zusammen war, auch wenn nicht alle immer mittanzten.

Wir Menschen sind rhythmische Lebewesen und lassen uns schnell von ansprechenden Rhythmen mitnehmen und zum Bewegen und Tanzen verleiten. So sind wir gemacht, das ist unsere Natur. Musik und Tanz sind eng miteinander verbunden, und das sehen wir auch an unseren Kleinsten, die diese Ursprünglichkeit noch haben. Mach gerne den Selbsttest zu Hause bei Euch und spiele bei Gelegenheit deinem Laufkind Musik vor, die zum Bewegen animiert und du wirst sehen, wie von alleine sich dein Kind wiegen wird oder in den Knien wippt. Das ist ein gutes Zeichen, daran solltest du unbedingt anknüpfen.

Ein Tanzkurs für Eltern und Kinder ab 3 Jahren – in Düsseldorf

Und was bedeutete dies nun für mich als Tanzlehrerin? Dass ich einen Tanzkurs konzipieren wollte, bei dem das gemeinsame Tanzen als Familie möglich ist, wobei es nicht notwendig ist, dass alle Familienmitglieder mitkommen. Doch es sollte einfach keine Einschränkung geben, wenn alle mittanzen wollen, weder im Alter der Familienmitglieder noch in der Zusammensetzung der jeweiligen Familie. Bei mir kommt eine Tragemama genauso ins Tanzen, wie eine Mutter mit Baby und Laufkind, oder mit mehreren Laufkindern, oder mit schüchternen Kindern oder oder oder. Es ist nun geschafft und seit Januar kommen die Familien in meinen Tanzkurs, den ich „Familientanzkurs“ genannt habe und der Woche für Woche eine ganz einzigartige und wundervolle Atmosphäre und Schwingung hat, sehr berührend für mich zu sehen, dass meine Idee und mein Konzept genau das ist, was Familien zusammen und ins Tanzen bringt. Der Kurs ist einmalig in Düsseldorf, auch ist mir kein ähnlicher Kurs in Deutschland bekannt.

 

Ich komme nach all dem Lesen und Recherchieren vor allem zu dem Schluss, dass jeder Mensch Tanzen kann, weil wir dafür gemacht wurden. Ich bin zutiefst davon überzeugt, auch wenn mir sicherlich sofort zig Tanzlehrer widersprechen würden. Doch da Tanzen so viel Raum lässt, dass wir auf ganz verschiedene Weisen tanzen können, ist dieser Satz einfach nur Tatsache, Tatsache unserer Kultur und Biologie. Heute würde ich Tanzen in drei Bereiche, in denen wir uns bewegen, benennen: Tanzstile, Improvisation und Freies Tanzen. Auch wenn wir nicht jeder alles Tanzen können, so kann jeder Tanzen. Und das ist meines Erachtens der springende Punkt der bisherigen Diskussion, die ich hiermit auch ad absurdum führen möchte – denn wir müssen nicht mehr darüber sprechen, ob jeder Tanzen kann, natürlich kann es jeder. Wir könnten höchstens darüber sprechen, dass nicht jeder alles Tanzen kann. Doch das ist auch klar, so wie jeder nicht alle Sprachen sprechen oder jeder jeden Sport beherrschen kann. Also, lasst uns darüber weniger sprechen, sondern wie wir Menschen ins Tanzen bringen können, damit wir alle ein reicheres Leben führen, denn das ist es, was Tanzen macht: es bereichert wie alle Künste unser Leben, wovon ich dem Tanz den meisten positiven Einfluss zuschreibe.

Über Heidemarie:

„Als ambitionierte Tanzlehrerin und ausgebildete I-TP-Tanzpädagogin gehe ich neben dem praktischem Vergnügen auch immer wieder spannenden Tanzfragen nach und derzeit beschäftigt mich aus einem ganz bestimmten Grund ganz stark mit der Frage, wie wir wohl zu Beginn der Tanzgeschichte gemeinsam getanzt haben oder anders: wie sieht „artgerechtes“ Tanzen aus?“

Kontakt:

TanZeit Düsseldorf
Studio für Tanz, Bewegung & Kultur
40625 Düsseldorf-Gerresheim

www.tanzeit-duesseldorf.de

Quellen:

  • http://www.griesbeck.name/tanz/historischer-tanz/vorzeit-bis-mittelalter.html am 01.05.18
  • https://www.youtube.com/watch?v=FuZsNpcYlEI Dokumentation von Otto Heinz (1993) am 01.05.18
  • Der Tanz im Leben der vorgeschichtlichen Menschen Ursprung und frühe Tanzformen – Johannes Maringer, aus: Zeitschrift für Ethnologie, Bd. 107, H. 1 (1982), pp. 7-22
  • Zur Bedeutung der afrikanischen Rhythmik für den Erfolg von Jazz-, Rock- und Popmusik in der abendländischen Kultur – Wolfgang Jaedke, aus: Acta Musicologica, Vol. 67, Fasc. 1 (Jan. – Jun., 1995), pp. 20-38

Artgerecht – krank?!

Unser kleine Wärmflaschensammlung

Darf man als artgerecht-Mutter Ibuprofen geben? Oder nehmen? Sind Menschen nicht dafür gemacht, alles mit Naturmedizin auszukurieren? Ist Krankheit nicht sowieso einfach nur eine Frage der richtigen Ernährung oder gar der richtigen Einstellung – also Einbildung?

Patentrezepte funktionieren nicht

Immer wenn ich öffentlich sage, dass wir krank sind oder dass ich krank bin, bekomme ich eine Menge Ratschläge: Du wirst ganz einfach gesund, du musst einfach nur dies tun (meditieren, dich vegan ernähren, nach Thailand auswandern) oder das nehmen (Superfoods als Pulver, Homöpathie, Saftkuren). Die Kernaussage ist:

Nicola, DAS hilft, denn WIR sind NIE krank.

Ich finde das ganz hinreißend. Danke euch allen! Leider helfen vor allem die radikalen, monokausalen Ratschläge („du musst nur …“) in der Regel wenig. Sie mögen dem helfen, der sie gibt. Aber was Dir hilft, hilft nämlich noch lange nicht mir – dazu sind unsere Darmflora und unsere Immunsystem als Ganzes zu unterschiedlich.

Warum Krankheiten normal und doch nicht artgerecht sind

Ich bin ziemlich pragmatisch, was Krankheiten angeht. Ich halte sie weder für eine Strafe Gottes, noch für einen Weg der Erleuchtung noch für unausweichlich.

Wenn wir angeschlagen sind – und das sind wir im modernen Leben oft – werden wir leichter krank. Wir leben nicht mehr ständig draußen, was nachweislich hilft, weniger krank zu sein. Wir haben zuviel Stress, was nachweislich das Immunsystem schwächt. Wir essen nicht mehr ursprünglich, was auch nicht gut ist.

Ich bin zudem der Nachfahre zweier Generationen, die nicht mehr ihre ganze Kindheit lang barfuß liefen. Ich bin Teil einer Spezies, die seit etwa zwei Tausend Jahren mit Nutztieren zusammen lebt. Diese Nähe hat interessante Keime auf uns übertragen, denen Naturvölker nie ausgesetzt waren (sie sterben übrigens, wenn wohlmeinende Zivilisationsmenschen sie besuchen und dort Schnupfenviren o.ä. mitbringen). Aber – merke! – auch Naturvölker werden krank. Anders als wir – aber krank. Manche lösen das Problem schamanisch. Manche mit Naturmedizin. Manche nehmen es einfach hin. Manche halten es für Zauberei – wie Völker mit Krankheit umgehen, ist nach meinem Wissen ganz unterschiedlich.

Sicher ist: Wir sind heute einer viel größeren Menge an Keimen ausgesetzt als jemals zuvor – allein schon, weil wir so viele sind.

Dass Menschen krank werden, ist also prinzipiell normal. Es hat nichts damit zu tun, dass wir etwas falsch machen. Es passiert. Es ist der alte Kampf der Interessen zwischen den Erregern und dem Wirt.

Wie wir möglichst artgerecht krank sind

Wie gehe ich damit um? Ich versuche einfach das zu tun, was mir logisch erscheint:

  • ich gebe dem Körper das, was er braucht (meistens ist das Kälte oder Wärme und Ruhe)
  • ich unterstütze das Immunsystem mit dem, was ich habe (Kräuter, Tee, gesundes Essen…)
  • ich nutze das, was meine Kultur im Angebot hat (Homöpathie, Energiearbeit…)
  • ich tue das, was die Wissenschaft empfiehlt (Ruhe bewahren, viel Körperkontakt, viel Lachen, die Sache gut im Auge behalten)
  • ich genieße die Zeit mit meinen Kindern, die plötzlich da ist, wenn Arbeit und Schule uns nicht den Takt vorgeben (ja, ihr Freilerner, ich weiß, dass ihr das Thema nicht habt, aber wir haben es nunmal)
  • und manchmal nehme oder gebe ich Medikamente – wenn es sein muss.

Pragmatisch: Medikamente oder nicht?

Ich habe eine gute Freundin, die ist Homöpathin. Was ich an ihr liebe, ist ihre Freiheit im Denken. Diese Woche war ich ziemlich krank und musste dennoch arbeiten. Sie sagte: Nimm abends Homöpathie. Steh die Nacht durch. Schwitze. Trink viel. Und morgens wirf eine Ibuprofen oder Grippostad ein, geh duschen, sieh zu, dass du den Seminartag durchstehst, organisiere Hilfe und dann hau dich hinterher wieder ins Bett – nur mit Tee, Wärme und Kügelchen.

Ich liebe sie dafür. Das ist ein Ansatz, dem ich folgen kann: Wenn es geht, stehen wir hier alles ohne Medikamente durch. Meistens geht es. Wenn es nicht geht, mache ich keine Kompromisse. Schon gar nicht in Punkto Sicherheit. Oder Schmerzen.

Glücklicherweise kommen wir fast nie an den Punkt. Sondern genießen den gemeinsamen Thymiantee und die ruhige, kuschelige Zeit, die so eine lange Fieber-Erkrankung für die Familie plötzlich mit sich bringt. Alles bleibt stehen. Alle sind zusammen. Wir haben die Zeit auch genossen.

Was ist also artgerecht krank?

Für mich ist es dasselbe wie immer: So naturnah wie möglich. So individuell wie möglich. So modern wie notwendig. Auf alles mit Antibiotika zu schießen halte ich für genauso falsch wie die Variante, die keinerlei Medikamente erlaubt. Der gesunde Mittelweg scheint mir…gesund.

Sieben Schritte zu Windelfrei

Windelfrei hilft bei Blähungen, unruhigen Babys und wunden Popos – und es stärkt die Kommunikation zwischen Eltern und Kind. Aber wie macht man das? Ist das nicht total viel Stress? Hier der Weg, wie ihr entspannt anfangt – und dann selbst entscheidet, wie und wieviel ihr weitermacht.

# Schritt 1: Lernen Sie den Rhythmus Ihres Babys kennen.

Wir können entweder das Baby einfach mal ohne Windel lassen und beobachten. Besonders wenn sie noch ganz klein sind und wir einen warmen Raum haben, ist das leicht – es kommt ja noch nicht viel aus dem Kind heraus! Wir haben unser Baby also auf dem Bauch oder einer wasserfesten Unterlage zu liegen. Wie oft scheidet es aus? Welche Laute oder Körperzeichen macht es vorher? Wie lange nach dem Füttern oder Schlafen dauert es, bis unten etwas herauskommt?

Wenn das Kind keine Windel anhat und wir es auf dem Arm haben, werden wir automatisch aufmerksamer – es ist als würde etwas in uns „anspringen“, das seit Jahrtausenden sagt: Ich will auch nicht nass werden :). Und plötzlich merken wir – ups, im Babybauch tut sich was. Dann halten wir das Kind ab oder legen etwas unter den Popo.

Machen Sie es das am Vormittag, mal am Nachmittag. Nachmittags scheiden die Babys seltener aus als vormittags, es ist also gut, dann anzufangen, wenn das geht.
Bald kennen wir den Rhythmus des Babys im Verhältnis zum Stillen und Schlafen.

Tricks: Viele Säuglinge machen in den ersten Monaten beim Stillen, später direkt nach dem Stillen. Die meisten Kinder müssen zudem – auch später noch – direkt nach dem Aufwachen.

# Schritt 2: Wählen Sie zum Abhalten eine Position. Sie soll für Sie und das Baby gleichermaßen entspannend und sicher sein. Hier haben wir Abhaltepositionen für kleine Windelfrei-Babys gebloggt mit Fotos. Schauen Sie mal hier bei YouTube, da sieht man, wie man beim Stillen abhalten kann:

 

# Schritt 3: Wählen Sie ein Signalgeräusch.
Machen Sie das Geräusch immer, wenn das Baby sich entleert, zum Beispiel: »Ssssss.« Ein Säugling assoziiert nach wenigen Tagen das Geräusch mit dem Gefühl, das er beim Loslassen hat. Im Umkehrschluss weiß er bald, wenn er das Geräusch hört, dass er »machen« kann. Sie können auch ein Zeichen machen – der Windelfrei-Coach Lucia Pichler aus Düsseldorf hat das hier sehr schön zusammengefasst: „Windelfrei und Babyzeichen – hilf mir, es selbst zu sagen!“

# Schritt 4: Wählen Sie zum Abhalten einen warmen Ort und ein Gefäß. Seien Sie kreativ und probieren Sie einfach aus, was für sie passt: ein Baby-Töpfchen (zum Beispiel Asia-Topf, s.u.), Badewanne, Waschbecken, ein Eimer, das Bidet, eine Stoffwindel, Wegwerfwickelunterlagen. Viele Babys mögen das Waschbecken, weil sie sich dann im Spiegel sehen können. Für Mütter mit kleinen Jungs ist die Badewanne anfangs gutes Übungsgebiet, um »Treffen« zu lernen.

# Schritt 5: Üben sie gemeinsam.

Ihr Baby wird nach einigen Tagen loslassen, wenn Sie das Signal-Geräusch machen, das Handzeichen geben oder es in die Abhalte-Position bringen. Machen Sie das Handzeichen oder das Geräusch, wenn sie glauben, dass das Baby mal muss: „Hey, ich glaube, du musst mal. Komm, wir halten dich ab.“
Halten Sie das Kind ab mit einem freundlichen »Ssss«. Reagiert das Kind nicht innerhalb von ein bis zwei Minuten, wehrt es sich oder ist es unentspannt, muss es nicht. Versuchen Sie es einfach später noch einmal.

Das Baby wird ebenfalls Zeichen geben, die Eltern sehr schnell zu lesen lernen. Es macht einen bestimmten Gesichtsausdruck, einen bestimmten Laut oder eine bestimmte Bewegung, bevor es ausscheidet. Hier gibt es ein Video mit Signalen.

Nur keine Hektik – Babys können warten, bis sie ausgezogen und ins Bad gebracht worden sind. Seien Sie nicht frustriert, wenn es nun trotzdem nicht macht – Sie lernen beide eine neue Sprache, Missverständnisse gehören dazu.

Hier erklären wir es nochmal im Video „Windelfrei – wie fange ich an?“:

Zeugnistag – für alle Kinder

Zeugnistag

Ihr Kinder um mich herum,
in meinen Dorf, in dieser Stadt…

…ich wünsche mir,
dass keines von euch heute Angst hat,

nach Hause zu kommen,
weil ihr wisst, dass man euch in Liebe erwartet;

…ich wünsche mir,
dass kein Kind Angst hat

vor der Bewertung der anderen,
weil ihr wisst, wie wertvoll ihr seid;

…ich wünsche mir,
dass jedes Kind auf der Erde jemanden hat,

der es in den Arm nimmt und sagt:

Du bist schön. Du wirst geliebt.
du bist voller wunder. Du gehörst zu mir.

Und ich werde immer für dich da sein.
Ganz egal, was auf irgendeinem Zettel steht.

nicolaschmidt.de

 

 

 

Zeugnistag

Wir ziehen jetzt durch, das Kind muss auch mal funktionieren!

Ist es nicht unser Job, unsere Kinder zu schützen?
Ist es nicht unser Job, unsere Kinder zu schützen?

Heute Morgen habe ich mich wirklich schrecklich über meinen artgerechten Sohn geärgert. Wieso geht der nicht einfach zur Schule, wie alle anderen? Was soll das Theater am Morgen? Verflixt, war das doch nicht so gut mit der Gleichwürdigkeit und der Bedürfniserfüllung? Das Kind FUNKTIONIERT einfach nicht!

Durchziehen – um welchen Preis?

Wie ihr wisst, bin ich jemand, der sehr viel auf soziale Regeln hält. Und ich finde auch, dass jedes Familienmitglied – Bedürfnisse hin oder her – seinen Beitrag zum Zusammenleben leisten muss. Irgendwie.

Mein erstes kleines Artgerecht-Baby ist mittlerweile zehn Jahre alt. Heute Morgen verkündete er, er werde heute nicht in die Schule gehen. Dazu muss man wissen, dass er sich beim Basketball die Hand verstaucht hat, aber gestern eigentlich damit gut in der Schule war. Ich verstand also nicht, was heute das Problem sein sollte. „Wir schreiben heute eine Arbeit.“ „Ja, aber dann solltest du doch gerade in der Schule sein!“ „Nein, ich gehe nicht! Meine Hand tut weh!“ „Gestern tat sie doch auch nicht so weh? Was ist passiert? Du gehst!“

Ich war sauer. Ich fühlte mich veräppelt. Ich wollte lostoben.

Dann dachte ich an das artgerecht Kleinkinderbuch, das ich gerade geschrieben habe (kommt im Mai 2018). Und an das Kapitel über Kommunikation und so.

Runterfahren, hinhocken, fragen

Okay, also, ich riss mich zusammen, hockte mich auf den Boden und fragte: „Okay, erzähl mal, was ist los?“ Dann kam es: Mein Kind wollte nicht die Arbeit schwänzen. Mein Kind hatte Angst, dass seine Hand der Belastung einer Klassenarbeit nicht stand halten würde. Und statt dass die Lehrerin den Druck raus nimmt und sagt: „Du versuchst es und wenn es nicht geht, holen wir das nach“, hatte die Pädagogin nach Aussage meines Sohnes gestern zu ihm auf seine Sorgen hin gesagt: „Du schreibst morgen mit. Egal wie. Wenn es rechts nicht geht, schreibst du eben mit links!“ Das Kind war verzweifelt – mit links? Das würde doch niemand lesen können!

Ich kenne die Frau nicht. Wahrscheinlich hat sie es weder so radikal gesagt noch gemeint wie mein Sohn es gehört hat. Aber mein Kind war voller Angst.

Egal, der Junge muss in die Schule! sagte mein Verstand streng. 
Der Junge muss gar nichts! sagte mein Herz sanft.

Wir schützen unsere Kinder – das ist unser Job

Ich sah mein kleines Baby, das nicht alleine schlafen musste, weil es dann Angst gehabt hätte. Ich sah meinen kleinen Sohn, der sich von niemandem anfassen lassen musste, wenn er das nicht wollte. Ich sah mein Grundschulkind, das fröhlich und freudig loszog, um endlich schreiben zu lernen. Dieses Kind stand jetzt vor mir, mit Tränen in den Augen und hatte – Angst. Angst vor der Schule.

Da begriff ich. Nicht das Kind funktioniert heute morgen nicht. Die Schule funktioniert nicht. Es ist nicht Aufgabe meines Kindes, an einen Ort zu gehen, vor dem es sich fürchtet. Es ist unsere Aufgabe als Erwachsene, dafür zu sorgen, dass er sich nicht fürchtet. Dass er gerne lernt. Es ist meine Aufgabe, ihn zu schützen, für ihn das zu sein, den Stress zu reduzieren und Lösungen zu finden. Nach meinen Klassenarbeiten hat niemand jemals gefragt. Aber das Gefühl, von meinen Eltern verstanden und bei Bedarf auch geschützt zu werden – das hat mich ein Leben lang geprägt.

Jetzt sitzt er – freiwillig – am Klavier und übt. Es ist nicht so, dass er nicht gerne lernt. Aber er funktioniert nicht unter Druck. Und nicht mit Drohungen. Auch nicht mit kleinen. Also bleibt er heute zu Hause.

Eigentlich wäre ich mitgegangen und hätte mit der Lehrerin das Missverständnis aufgeklärt. Ich finde den persönlichen Kontakt immer noch am besten und dann hätte er auch in die Schule gehen können. Aber ich habe heute Morgen keine Zeit gehabt. Daher treffe ich sie jetzt am Montag und das Kind bleibt bei mir.

Kinder wollen kooperieren -immer 

Auch wenn ich es mir selbst manchmal nicht glaube: Kinder wollen kooperieren. Immer. Wenn sie nicht kooperieren, dann müssen wir hinter das Verhalten schauen und das Bedürfnis finden. Mein Sohn ist anstrengend – weil er immer den Finger in die Wunde legt. Weil er immer „ausschert“, wenn etwas für ihn nicht stimmt. Er ist der Kanarienvogel in der Kohlenmine, der umso lauter singt, je unwohler er sich fühlt. Mein Signalhorn für falsche Situationen. Er zieht nicht durch. Er sagt: Stopp!. Er sagt: Schau hin! Er sagt: Sieh mich!

Er funktioniert nicht.
Ja, ich finde dieses Kind manchmal anstrengend.
Ja, ich liebe dieses Kind.

Und oh mein Gott – ich kann so viel von ihm lernen.

/nicola